Samstag, 30. März 2019

Ein Gleichnis

Seit Jahren laufe ich
durch dunkle Höhlengänge.

An den Wänden Schatten –
bloß vom Fackelschein.

© ts 2003

Donnerstag, 28. März 2019

Wald

Wie Bäume wollen wir 
zueinander stehen.

Der Welt könnten wir 
Atem dann schenken – 

und wir dürften endlich 
wieder Wald sein.

© ts 2003

Montag, 25. März 2019

NARZIß II.

und
der
schöne
jüngling blickte
in
das
spiegelnde
wasser
des
sees
und
fragte

wer bin ich

wellen
des
lachens
durchfluteten
den
see

wer will das wissen

© ts 1998

NARZIß I.

wer bin ich
eine frage martert
jede windung des hirns

narziß sitzt tief gebückt
verloren
über der spiegelnden fläche des teiches

dunkel die ahnung
ihr sitz ist die tiefe

schönheit von außen betrachtet
nur blendet

verzückung lindert bekanntlich
jedweden schmerz

doch groß ist die sehnsucht zu fallen
hinab in die tiefen zu tauchen

die gier nach erkenntnis
mag sie nicht stillen
zumal
was ich schon weiß
würd´ ich lieber nicht wissen
so bin ich
weil das

und
ist die betrachtung erst wirklich
vollzogen
geraten zunächst
scheinbar gleiche gewichte
mächtig ins wanken

ein ertrunkener freund
wüßt´ mehr zu berichten

welcher quelle entspringen
die wogen der zeit

© ts 1998

Sonntag, 17. März 2019

HEIMAT

meine heimat ist dort
wo mein herz liegt begraben

in den wirren der zeit
vergaß ich zu setzen
einen dem toten gedenkenden
stein

so treibt mich tagtäglich
diese schmerzende sehnsucht
so bleibt mir allnächtig
nur diese verlorene trauer

ich wünscht´
ich könnt´ sehen

doch ohne mein herz
ist mir´s
als wär´ ich mit blindheit
geschlagen

ich leide nahezu höllische
qualen

gemächlich
flammen züngeln
an den resten
einer verwundeten brust

@ ts 1998

Mittwoch, 6. März 2019

WENN ICH TOT BIN

wirst du mich wecken
wenn ich tot bin

leise
ganz leise

mit der zunge am ohr
der geborgten

und
worte sprechen

die mein taubes herz
niemals sah

@ ts 2001

EIN LIEBES LIED

ich werde fortgehen
fort fort
hinüber ins dasein

die koffer sind schon gepackt
sie stehen bereits draußen
im regen
und lachen

über den schmerz
der mein sterben
so viele jahre beherrschte

nun gehe ich fort

kein paß ist beantragt
die grenzen gefallen
ein visum braucht heute
kein träumer mehr

ich werde fortgehen
der sonne entgegen
ihre tränen zu schützen

warm tränken
das auge
mein herz

ich werde fortgehen
bald ist es soweit
muß nur noch eintragen
das anbefohlene zeichen
ins buch der zeit

dort hinterlassen
den namen
den wahren
nicht den
nach dem ihr mich benanntet

bald bald
bald
bald bin ich fort

© ts 2001

Dienstag, 5. März 2019

METAMORPHOSE

zwei schmetterlinge
ihr lieben
ein spiel
mit den lüften

getragen
von blüte
zu blüte
sich labend
am nektar
am tau

einstmals
der wunsch
den sie bargen
in ihren herzen
fraß
ganze landstriche
kahl

zwei schmetterlinge
ihr lieben
ein tanz
mit dem ewig jungen 

des morgen

ihr gestern
verbrannt
und
vergessen

das wunder
vollbracht

© ts 2019

DER KUCKUCK

guck guck
guck guck
ruft´s aus dem wald

verwirrt und verzückt
laufen wir geschwind
in ihn hinein
um uns dann alsbald
ein besonders großes ei
zu kaufen

© ts 1999

MEER (I.)

nun sitze ich hier
an den gestaden der zeit
und weine der träne nach dir
die du mir gestern noch lieb warst

wo gingst du hin
als du fort warst
des zumirkommens müde

dunkel umspülen wellen
burgen im sand
reißen einmal mehr
traumschlösser nieder

© ts 1999

MEER (II.)

rauschend lachend
flüstert das meer

übergib all dein leid
deine schmerzen
ruhig mir

tauche sanft sorglos
hinab
in die tiefe

© ts 1999

Montag, 4. März 2019

Himmelwärts

Ich lief über
schwankenden Grund
erst als mein banger Schritt 

brach und ich stürzte
erblickte ich
himmelwärts
erstmals
die Sterne
 

Wie willst Du
das Aufstehen
lernen
wenn nie am Boden

Du lagst

© ts 2003

Narziß VIII.

Warum nur halte ich mich
von den Tiefen Deiner Quelle
fern?

Ja, schau´ ich denn lieber
mit offenen Augen
ein verschwommenes Antlitz,
als mit geschlossenen Lidern
– trunken vor Abgrund –
ins Sehen zu fallen?

Dies ist meine Welt.
Ist es noch zu nennen
selbstverliebt,
wie ich mich halte
krampfhaft fest
an meinen

Projektionen?

Und ein Quellgeist
mir flüstert:
Komm´ d(D)ichter,
fortweg vom Rande,
Du Narr!


© ts 2003

Sonntag, 3. März 2019

SCHIFFBRUCH I.

auf den wassern des lebens
tanzten wir
als der große seel´sturm kam
uns nahm das schiff
und unsere ´trunkenen geister
trieb

in oceanos arme



schiffbruch



in die tiefen des todes

sanken wir

wir träumten von nixen

und fischen

der unendlichkeit

des lichten sternenmeers

dem dunklen anbeginn

der zeiten

@ ts 2003

SCHIFFBRUCH II.

welch welle uns spülte
an die küste
dieses verlorenen lands

unter schreien gebar uns

das ewige leben
mal wieder
 

schiffbruch

gestrandetes licht

verglühend
im zeitlichen

sand

@ ts 2003

DEINE HAND

ich weiß, daß
in die liebe fällt
man hinein

bar aller angst
herzfrei und
kopfüber

deine feuchten blicke
sie schmecken
nach meer

wenn du mir
deine hand reichst
werden wir fallen

© ts 2003

Der Narr der Frösche II.

Blinder, Du,
der Du von der Liebe
nicht erkannt werden wolltest,
der Du nicht sahst
ihr alles verzehrendes Glühen

Narr,
der Du ihr Lächeln
zu einer von Trauer entstellten
Grimasse gerinnen ließest,
anstatt es zu küssen
sonderszart

Frosch.
der Du stets quaktes,
quaktes,
quaktes

Unerlöster Prinz

© ts 2008